Tag des Judentums

Eine Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich

Eine Initiative des Ökumenischen Rates der Kirchen in Österreich

Preis dem „Ich-bin-da“
von Christian Rutishauser SJ
Wortliturgie zum „Tag des Judentums“

Die Woche vor dem Fest Pauli Bekehrung wird in vielen Ländern der Erde als ökumenische Weltgebetswoche für die Einheit der Christen begangen. Dieser erhofften und uns aufgetragenen Einheit geht das Bedenken einer anderen Einheit voraus: Wir Christen sind als das neue Volk Gottes aufgesetzt auf die Wurzel und den Stamm des auserwählten Volkes. Darum halten Christen in mehreren Ländern Europas einen Tag des Judentums. In Österreich, Niederlande, Polen und Italien ist der 17. Januar, der Tag vor der Woche für die Einheit der Christen, dafür ausgewählt, in der Schweiz der 2. Fastensonntag. Die evangelischen Landeskirchen halten z.T. einen Israel-Sonntag.
Der Tag des Judentums steht einerseits im Dienst der jüdisch-christlichen Begegnung. Andererseits soll er helfen den christlichen Glauben zu vertiefen und die enge Beziehung der Kirche zum Judentum ins Bewusstsein heben. Christinnen und Christen sind eingeladen, an diesem Tag miteinander zu beten und Gottesdienst zu feiern.

Eröffnung
V: Unsere Hilfe ist im Namen des Herrn,
A: der Himmel und Erde erschaffen hat.

V: Herr, öffne unsere Lippen,
A: damit unser Mund dein Lob verkünde.

V: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.
A: Amen.

Lied
Im Lied stellt sich unsere Gebetsgemeinschaft bewusst in die Gegenwart des einen und dreieinen Gottes, des Gottes Israels und der Kirche.

GLnr 381 (aGL 263): Dein Lob, Herr, ruft der Himmel aus (Str. 1-3)
oder GLn 385 (aGL 269): Nun saget Dank und lobt den Herren
GLnr 427 (aGL 289): Herr, deine Güt ist unbegrenzt
GLnr 144 (aGL 474): Nun jauchzt dem Herren, alle Welt
KG 550: Mein Auge schaut den Berg hinan

Vergebungs- und Versöhnungsbitte
V: In einer 2000-jährigen Geschichte haben Christinnen und Christen dem jüdischen Volk viel Gewalt angetan. Die Kirche hatte gelehrt, Juden und Jüdinnen sowie ihren Glauben zu verachten. Vor allem anderen wollen wir in diesem Gottesdienst für den Anti-Judaismus um Vergebung bitten.

A: Barmherziger Gott, wir bekennen, dass wir uns als Christinnen und Christen in der Geschichte immer wieder am jüdischen Volk schuldig gemacht haben. Das Erbe Israels haben wir als Kirchen in Jesus Christus angenommen, doch die geschwisterlichen Bande haben wir übersehen, ja geleugnet. Die Kirche hat sich an die Stelle Israels gesetzt. Im eigenen Glaubensstolz gefangen, waren wir wie mit Blindheit geschlagen. Viel unschuldiges, jüdisches Blut ist vergossen worden. Viel Hass haben wir gegen das jüdische Volk verbreitet. In Wort und Tat haben wir uns versündigt. Darum kommen wir vor dein Angesicht mit zerknirschten Herzen und mit reumütigem Sinn. Wir bitten um Erbarmen und Vergebung, um Versöhnung und Heilung.

V: Gott, König der Welt und Vater aller Menschen, wir sind als dein Ebenbild geschaffen. Du bist barmherzig und gnädig, langmütig, reich an Huld und Treue. Du erweist Tausenden deine Huld, lässt Schuld aber nicht ungestraft. Im Namen Jesu rufen wir deine Güte an:
Herr Jesus Christus, Sohn Davids, unter dem Gesetz geboren.
V/A: Kyrie eleison.
Du Lehrer und Vollender des nie gekündigten Bundes.
V/A: Christe eleison.
Erhöht zur Rechten Gottes wirst du in Herrlichkeit wiederkommen.
V/A: Kyrie eleison.
Der barmherzige Gott eröffne uns den Weg der Umkehr. Er heile unsere Wunden und vergebe unsere Schuld. Der Barmherzige nehme alles, was uns voneinander trennt. Er stärke das Band des gegenseitigen Verstehens und Achtens von Christen und Juden und führe uns in tiefe Gemeinschaft mit ihm. Darum bitten wir durch Jesus Christus, unseren Bruder und Herrn. A: Amen.

Lesung aus der Hebräischen Bibel
Die Lesung erzählt von der besonderen Beziehung des jüdischen Volkes zu Gott und von seiner Berufung für die Menschheit: die Tora, das Wort Gottes, entgegenzunehmen, es zu leben und davon Zeugnis zu geben.

Ex 19,3-19; 20,1-11
(Kurzfassung: Ex 19,3-9; 20,1-11)

Psalm
Die Psalmen sind der gemeinsame Gebetsschatz des jüdischen Volkes und der Kirche. Sie bringen das Leben vor Gott zur Sprache und drücken die Glaubensüberzeugung in Gebetsform aus. Juden und Christen sprechen in den Psalmen mit Gott. Es ist ein geschwisterliches Zeichen von großer Kraft, wenn wir die gleichen Psalmen beten, auch wenn wir sie unterschiedlich deuten.

Ps 97 oder Ps 145 oder Ps 146.

Lesung aus dem Neuen Testament
Paulus schreibt von der bleibenden Erwählung Israels. Er staunt über das Geheimnis Gottes, dass Nicht-Juden durch Christus in diese Berufung hineingenommen werden. Dadurch wird sie vertieft und neu ge­staltet. Es entsteht die Kirche an der Seite Israels, nicht an seiner Stelle. Paulus zeichnet das Bild des Ölbaums: Die Wurzel ist Abraham, der Stamm Christus, die am Stamm bleibenden Zweige sind die Judenchristen, die herausgebrochenen die Juden und die eingepfropften die Heidenchristen. Die Kirche ermahnt der Apostel zur Achtung vor den Juden und vor dem geheimnisvollen Wirken Gottes.

Röm 11,13-36
(Kurzfassung: Röm 11,25-36)

Halleluja
Halleluja ist ein althebräischer Jubelruf und Lobpreis Gottes. Wortwörtlich bedeutet er: Lobet JHWH! Der Gebetsruf ist Juden und Christen gemein. In der Liturgie zum Tag des Judentums darf er nicht fehlen!

GLnr: 174 oder 175

Evangelium
Die Evangelien sind urkirchliche Texte, die in der Logik der Hebräischen Bibel das Christusereignis immer tiefer zu verstehen suchen. Sie richten sich an Juden und Nicht-Juden und zeugen davon, dass die Offenbarung Gottes in Jesus Christus nur im Wahrheitshorizont des Alten Testamentes erschlossen wird, denn „das Heil kommt von den Juden“ (Joh 4,22). So ist Jesus in der Verklärung im Gespräch mit Mose und Elija. Der Berg der Verklärung verweist auf den Berg Sinai.

Mt 17,1-13

Anregungen für die Ansprache
Die Ansprache oder Predigt soll auf die An- und Abgrenzung sowie auf die bleibende Verwiesenheit von Judentum und Christentum eingehen. Mehr theologisch kann vom Alten und Neuen Bund gesprochen werden, mehr historisch von der reichen Geschichte der gegenseitigen Beeinflussung beider Glaubensgemeinschaften in allen Epochen, mehr therapeutisch und soteriologisch von der Aufarbeitung und Heilung der Wunden, die Christen Juden angetan haben. (Ein Verweis auf inhaltliche Hilfen steht am Ende des Beitrages.)

Lied
GLnr 397: All meine Quellen entspringen in dir (Kanon)
oder:
GLnr 423 (aGL 292): Wer unterm Schutz des Höchsten steht
GLnr 447,2: Die Gott suchen (Kanon)
GLnr 543 (aGL 614): Wohl denen, die da wandeln
KG 552: Öffne meine Augen, dass sie sehen

Fürbitten/Dank
V: Gott Abrahams und Saras, Isaaks und Rebekkas, Jakobs, Rahels und Leas! Gott des Mose und der Propheten, Gott Jesu Christi! Immer neu rufst du uns Menschen in deine Gegenwart. Dein Name ist JHWH, Ich-bin-der-ich-bin-da. So begleitest du uns auf unseren Wegen. Wir rufen vertrauensvoll zu dir:

  • Lass uns die Schuld anerkennen und umkehren, wo wir gegenüber dem Volk des nie gekündigten Bundes gesündigt haben.
  • V: JHWH-Gott. A: Wir bitten …
  • Hilf uns, die eigene christliche Berufung im Angesicht des Judentums tiefer zu verstehen.
  • Lehre uns, die Berufung der Juden zu verstehen und miteinander dem Reich Gottes entgegenzugehen.
  • Bewahre die jüdischen Gemeinden auf der ganzen Welt, schenke ihnen Bestand und Wachstum in Frieden.
  • Lass bei aller Verschiedenheit der beiden Glaubensgemeinschaften uns gegenseitige Gastfreundschaft gewähren, damit wir füreinander zum Segen werden.
  • Reinige die Herzen aller Menschen von Rassismus und Antisemitismus, damit wir in jedem Menschen die Würde des Abbild Gottes erkennen.
  • Verwandle uns alle von innen her, mach uns frei von Angst und hilf, alle Gleichgültigkeit zu überwinden.
  • Stärke Juden und Christen in der ganzen Welt, auf dass sie sich gemeinsam für eine Welt in größerer Gerechtigkeit und wahrem Frieden einsetzen.
  • Begleite die Verantwortlichen im Dialog von Kirche und Judentum weltweit mit deinem Segen.
  • Steh allen Menschen in Israel und Palästina bei – Juden, Christen, Muslimen und Säkularen –, damit sie Wege zu Gerechtigkeit und Frieden finden.
  • Lass alle Nationen und Völker von deiner Frohbotschaft durchdrungen werden, damit alle Enden der Erde dein Heil schauen.
Barmherziger Gott, du König der Welt und Vater aller Menschen. Erhöre unsere Gebete und begleite uns in dieser Zeit, auf dass wir in Dankbarkeit und voll Hoffnung dem himmlischen Jerusalem entgegengehen. Darum beten wir, wie Jesus uns zu beten gelehrt hat:
A: Vater unser …

Segen
Gott, der aus dem Nichts das Universum erschaffen hat, wende sein Angesicht euch zu. A: Amen.
Gott, der aus dem Tod die Menschen zum Leben erweckt, lasse sein Angesicht über euch leuchten. A: Amen.
Gott, der durch Israel und die Kirche aus Sklaverei und von Götzen befreit, lasse sich von Angesicht zu Angesicht schauen. A: Amen.
Das gewähre euch der eine und dreieine Gott: der Vater durch den Sohn im Heiligen Geist. A: Amen.

Danklied
GLnr 347 (aGL 249): Der Geist des Herrn erfüllt das All
Oder:
GLnr 384 (aGL 264): Hoch sei gepriesen unser Gott
GLnr 395 (aGL 261): Den Herren will ich loben
KG 141: Preis, meine Seele, Gott den Herrn
GLnr 551 (aGL 262): Nun singt ein neues Lied dem Herren

Weitere Hilfen
– Für den Tag des Judentums 2015 erscheint ein Handbuch für Seelsorgende (mit Beiträgen unseres Autors Christian Rutishauser SJ):
Schweizer Bischofskonferenz (Hg.), Jüdisch/Römisch-katholische Gesprächskommission: Wegleitung zum Tag des Judentums.
– Christian Rutishauser, Christsein im Angesicht des Judentums. Echter-Verlag Würzburg 2008. € 8,90.

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